Mein erstes richtiges Exploited T-Shirt
Je
älter ich wurde, desto stärker wuchs in mir der Wunsch, mir ein Exploited
T-Shirt zu kaufen. Ich hatte diese schottische Punkband zwar immer noch nicht
live gesehen, doch das war nur eine Frage der Zeit. Ich wusste, wer ein
Exploited T-Shirt in der Öffentlichkeit trägt, hat mit grenzwertigen Sprüchen
zu kämpfen. Deshalb ist ein Exploited-Shirt immer gut für Socializing und Leute
kennenlernen, es sei denn, dass die Sprüche einfach zu platt sind. T-Shirt Peter
in der Holstenstraße führte leider keine Exploited-T-Shirts. Eines Abends, es
war schlechtes Wetter, machte ich spontan einen Spaziergang über den Jahrmarkt
auf dem Willy. Ich wollte nur eine Runde drehen, nichts kaufen, aber gucken, um
danach kurz zum Supermarkt zu gehen und fragen, ob der Pfandautomat wieder
funktionierte, denn ich hatte noch eine Holsten-Kiste mit Leergut stehen, das
ich im Park gesammelt hatte. Als ich jetzt über den teils matschigen Jahrmarkt
ging, war wenig los, ich schaute nach Lebkuchenherzen mit Vereinsnamen darauf.
Fehlanzeige. Ich sah Autoscooter, ein Riesenrad, Luftgewehrbuden,
Losbuden mit Mikrofondurchsagen, ein Glaslabyrinth für die ganze Familie,
Armbrustschießen, Dosenwerfen, Ballschießen von einem fixierten Katapult, Imbissbuden,
roch sich überschneidende Senf- und Würstchengerüche, sah Lebkuchenherzen in
unterschiedlichen Größen, Zuckerstangen und andere Süßigkeiten, zwei
ungefährliche Kinderkarussells, mehrere Bierstände, einen Bayernzelt-Style
Holzverschlag mit Sitznischen neben dem Toilettenwagen, eine Toilettenfrau, die gerade die Schicht begann und
die große rote Kasse vom Bayernzelt-Style Holzverschlag nebenan holte, mehrere
undefinierbare Erlebnisparkours, eine hammerförmige Riesenschaukel,
Halligalli-Style Bahnen, ein paar Gaffer vor den Ständen mit Blick zu den
Besucher. Die Gaffer waren wohl Schausteller. Ich sah ein Pulk Security, ein
Boxautomat mit Kraftmessung, Crêpes-Stände, Mandelverkäufer und vieles mehr.
Plötzlich kam ich bei einem Klamotten und T-Shirt-Verkäufer vorbei. Ich sah ein
paar Band-T-Shirts, Judas Priest, AC/DC, Wolfsköpfe, ein Bruce Lee T-Shirt, unzählige
Totenkopfmotive und vieles mehr. Spontan fragte ich, ob der ein Exploited
T-Shirt hat. Er sagte „Moment“, holte ein T-Shirt hervor und breitete es mit
einem schwungvollen Wurf vor mir auf dem mit T-Shirts vollgelegten
Verkaufstisch aus. Ich sah schon ein großes gelbes Schild weiter links liegen mit
der Aufschrift 20€. Doch er sagte sofort „Fünfzehn Euro“. Ich schaute das
T-Shirt an. Es war das Motiv der „Beat The Bastards LP“, jedoch qualitativ
merkwürdig. Ich sah gleich, dass der Stoff sehr dünn war. Als ich es anfasste,
sagte ich „Der Stoff ist aber sehr dünn. Zwölf Euro würde ich dafür ausgeben.“
Da sagte der asiatisch oder indisch wirkende Verkäufer „Das ist zwar dünn, aber
die Gewinnspanne ist niedrig.“ Ich überlegte gar nicht, sagte „Ok, ich wollte
immer schon mal ein Exploited-T-Shirt haben. Ich nehme es.“ Da holte der
Verkäufer eine hauchdünne durchsichtige Tüte hervor mit einem Smiley und dem
Wort Danke darauf und gab mir darin das T-Shirt. Mit gemischten Gefühlen ging
ich, denn es war vom Stoff halt sehr dünn. Ich ging an der nächsten
Halligalli-Style Bahn vorbei, an der mehrere blutjunge Frauen mit offenen
Haaren standen, Blazern und Jeans. Ich ging nach links um die Ecke, ging an
einem Crêpes-Stand vorbei. Dahinter befand sich zu meinem Entsetzen ein
weiterer T-Shirt Verkäufer, dessen T-Shirts qualitativ hochwertiger aussahen.
Ich blieb stehen, trat ein paar Schritte weiter an den Stand heran und ahnte
schon, was kommen würde. Ich blickte nach links und, siehe da, da hing ein
Exploited T-Shirt, so wie ich es immer schon haben wollte. Mit riesigen
Exploited Schriftzug und dem gewünschten Iro-Motiv. Hätte ich doch erst eine
ganze Runde über den Jahrmarkt gedreht. Da drehte ich mich um und ging weiter.
Ich verließ den Jahrmarkt, ging zum Supermarkt und dort direkt zur Kasse und
fragte „Ist der Pfandautomat wieder freigegeben?“ Ja, der ist freigegeben.“ Da
ging ich nach Hause, um das Leergut zu holen. Doch zu Hause angekommen, wollte
ich erst das Exploited T-Shirt anziehen. Ich nahm das zusammengelegte T-Shirt
aus der Tüte, hielt es oben mit beiden Händen fest und ließ es sich nach unten
ausklappen. Da bekam ich ein Hochgefühl, denn ich erkannte, dass nicht nur die
Vorderseite, sondern auch die Rückseite beflockt war. Das bescherte mir
ungeahnte Glücksgefühle. Während die Vorderseite farbig war, vor allem
gelb-orange, war die Rückseite schwarz-weiß, ebenso mit Iro im Seitenprofil.
Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie glücklich ich über den Kauf war. Ich
stellte mir gleich den Iro hoch und schoss vor dem Spiegel ein Foto. Jetzt
fehlt nur noch rote Directions Farbe für den Iro. Ich warte jetzt auf den
ersten grenzwertigen Spruch wegen des T-Shirts und freue mich darauf - und vor
allem auf das nächste Exploited Konzert hier bei uns im Norden. Das ist die
Geschichte von meinem ersten richtigen Exploited T-Shirt.