Dienstag, 13. Februar 2024




 

Der Chicken-Squawk

Auf der MDC LP Millions of Damn Christians befindet sich ein Song, der Chicken Squawk heißt. Die Thematik Landleben und Leben auf Bauernhöfen wurde bereits von einigen Punk-Bands aufgegriffen, so auch von Chaos UK mit dem Song Farmyard Boogie oder UK Subs mit Down on the Farm. Doch beim Chicken Squawk von MDC handelte es sich streng genommen sogar um einen Tanz. Das konnten wir noch nicht erahnen, als wir den Song Chicken Squawk zum ersten Mal hörten. Das Interessante an dem Song ist, dass er nicht nur einen erzählerischen Text hat, sondern auch einen Refrain, bei dem die Geräusche eines Huhnes imitiert werden, und zwar bog, bog, bog, bog, bog, bog, bog. Dies Hühnergegacker verlief im Rhythmus der Musik mit einer eigenen Melodie, die sehr einprägsam war. Noch hatte wir MDC noch nicht live gesehen und konnten noch nicht einschätzen, was es mit dem Chicken Squawk auf sich hatte. Als MDC schließlich das erste Mal in Kiel, in der Alten Meierei spielten, stand schlussendlich der Song Chicken Squawk auf der Playlist. Erst jetzt erkannten wir, dass sich hinter dem Chicken Squawk ein Tanz verbarg, bei dem der Sänger Dave Dictor extra von der Bühne stieg und im Publikum den Chicken Squawk vollführte, während er das Mikro in der linken Hand hielt. Er ging für den Chicken Squawk extra in die Hocke, bewegte sich im Krebsgang und hielt sich die rechte Hand über den Kopf mit auseinandergespreizten Fingern, die er so hielt, als hätte er einen Hahnenkamm. Während er sich jetzt so bewegte, ein Huhn imitierend, sang er die ganze Zeit das bog, bog, bog, bog, bog, bog wie ein verrücktes Hühnchen im Rhythmus der Musik in der Chicken Squawk Refrain-Melodie. Währenddessen standen seine Bandkollegen auf der Bühne und spielten ihre Instrumente im Hardcore-Style. Jetzt war der Chicken Squawk auch in Kiel angekommen. In Zukunft kamen wir bei Trinkgelagen immer wieder auf den Chicken Squawk zu sprechen. In Extremfällen wurde er spontan imitiert, und das nicht nur aus Spaß an der Freud, sondern auch zu Illustrationszwecken und nicht nur wenn MDC lief. Ich kann mich an eine Situation im Kommunalen Kino in der Pumpe erinnern, als wir uns mit vier oder fünf Leuten einen Film ansahen. Mit dabei war der Drummer der damaligen Schulband der Gesamtschule, der leicht einen in der Krone hatte. Wie aus dem Nichts fing er plötzlich mit einem Chicken Squawk an, während der Film bereits lief und alle Kinobesucher sich voll auf den Film konzentrierten. Niemand wusste, weshalb der Drummer jetzt auf einmal den Chicken Squawk assoziierte und für bestimmt fünf Minuten im Kino das bog, bog, bog brachte, bis wir Angst um seine Psyche bekamen. Spätestens nach einer halben Minute war das hochnotpeinlich, doch niemand traute sich zu intervenieren, denn der Drummer war übergeschnappt. Während des Chicken Squawks blieb er auf dem Kino-Stuhl sitzen und bewegte sich wie ein Hühnchen, zuckte mit dem Kopf und tanzte mit den Ellenbogen. Irgendwann war er duch mit seinem Sitting Chicken Squawk und konzentrierte sich wieder auf den Film, umklammerte dabei sein Bier. Da hatten wir schon alle wieder Bauchschmerzen, und waren froh, dass dieser spontane Chicken Squawk vorüber war. Wir hatten schon die Befürchtung, dass es ein Hausverbot geben oder es zu Handgreiflichkeiten kommen könnte. Wir nahmen diesen Chicken Squawk zur Kenntnis und sahen uns den Film in Ruhe zu Ende an. Grundsätzlich ist der Chicken Squawk ein Ausdruck guter Laune. Doch wer weiß, was passiert wäre, wenn die Schergen eingegriffen hätten, um den Chicken Squawk zu unterbinden. Deshalb ist der Chicken Squawk auch ein Politikum, das nur wohl bedacht eingesetzt werden sollte. Ergo ist der Chicken Squawk ein Kulturgut und eine Waffe zugleich. Er ist ein kultureller Import aus den USA, der weltweit in jedem Land verstanden wird, denn überall auf der Welt gibt es Hühner, die, wenn sie geärgert werden, selbst einen Chicken Squawk vollführen. Daher ist der Tanz ein Anthropomorphismus.



 

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